Größte grenzüberschreitende Suchaktion

Martin Semecky, 31-jähriger Förster der Städtischen Wälder Domažlice, wird in Tschechien als Held gefeiert. Er hat am Dienstag gegen 13.45 Uhr die achtjährige Julia aus Berlin entdeckt, die seit dem späten Sonntagnachmittag bei einer Wanderung am Čerchov verschwunden war. An der Suche im Gebiet zwischen den Städten Waldmünchen, Furth im Wald und Domazlice (Taus) hatten sich insgesamt rund 1400 Rettungskräfte und Helfer aus Bayern und Tschechien beteiligt.

Foto: Petra Schoplocher

  

Zeitungsartikel von Pastoralreferent Martin Kowalski:

 

„Es ist ein Wunder“

Gott sei Dank! – Das haben tausende Menschen am vergangenen Dienstag voller Erleichterung ausgerufen, als am Nachmittag in den Rundfunknachrichten der glückliche Ausgang der verzweifelten Suche nach der im Cerchov-Gebiet vermissten kleinen Julia gemeldet wurde. „Gott sei Dank!“ habe auch ich mit Freudentränen in den Augen gedacht. Mir ist dieses Drama so was von nahe gegangen, als wäre mein eigenes Kind betroffen. Ich konnte an fast nichts anderes mehr denken in diesen Tagen und Nächten des Hoffens und Bangens.

 

Den Bibelkreis, zu dem wir uns turnusgemäß in unserer Pfarrei am Montagabend trafen, haben wir kurzerhand zu einem Gebetskreis umfunktioniert für ein glückliches Ende der Vermisstensuche. Ich meine, dass der Herrgott neben den vielen anderen Gebeten auch unseres gehört hat. Seine Schutzengel waren da aber bereits an der Seite von Julia, so dass ihr nichts passieren konnte, das glaube ich fest.

 

„Es grenzt an ein Wunder.“ So hat der Nachrichtensprecher seine frohe Botschaft von der Auffindung der Vermissten eingeleitet. Für mich „grenzt“ dies nicht nur an ein Wunder, sondern es ist eines. Das Mädchen hätte stürzen und sich schwer verletzen, vor Erschöpfung sterben oder erfrieren können. Fast wäre es auch so gekommen. Viel hat nicht gefehlt. Das hat Gott verhindert, Gott sei Lob und Dank! Für mich hat sich Gott in diesem Wunder gezeigt. Und ich, ja wir alle durften Zeugen sein.

 

Wir Christen müssen dieses „Gott sei Dank!“ in eine Welt hinausrufen, die immer mehr auf Gott vergisst und meint, der Mensch könne alles selbst schaffen. Ich meine, der Mensch kann vieles schaffen, aber nur mit Gottes Hilfe, wie es uns in diesem Fall wieder deutlich geworden ist. Nachdem die kleine Julia auch in der zweiten Nacht ihres Verschwindens nicht gefunden wurde, hat sich vielleicht auch so mancher der über tausend Rettungskräfte gedacht, dass jetzt nur mehr der Herrgott helfen kann. Und der Herrgott hat geholfen.

 

Wenn unser bayerischer Innenminister feststellt, dass Julia „wohl ein Quäntchen Glück gehabt“ habe, dann ist das für mich zu wenig. Mit einem „Glück g’habt“ kann man nicht zur Tagesordnung übergehen. Als Christen müssen wir da mehr Tiefgang entwickeln: Es war eine glückliche Fügung und ich glaube, dass wir Gottes Wirkmächtigkeit gerade in solchen glücklichen Fügungen wie der Rettung dieses Mädchens spüren und erfahren können. Als Christen sollten wir uns auch trauen, dies einmal deutlich auszusprechen. Warum sich allerdings Gott gerade hier gezeigt hat und in vielen anderen Katastrophen, die nicht gut ausgegangen sind, scheinbar nicht, das entzieht sich unseres begrenzten Verstandes. Gott wäre nicht Gott, wenn er nicht geheimnisvoll und unerklärlich bleiben würde.

 

Trotzdem glaube und vertraue ich darauf, dass uns Gott nahe ist auch in den Situationen, die nicht gut ausgehen. Gerade da brauchen wir ihn besonders. Deshalb möchte ich ihn nicht nur loben für ein freudiges Ereignis wie das, was wir erleben durften, sondern dafür, dass er uns durch unser ganzes Leben begleitet mit allen Höhen und Tiefen, Glücksmomenten und Katastrophen: Gott sei Dank! und nicht zu vergessen: Vergelts Gott! den Heerscharen von „Schutzengeln“, Einsatz- und Rettungskräften dafür, dass sie auf Gott vertraut und nie die Hoffnung auf eine glückliche Fügung aufgegeben haben – Gott sei Dank!