In Ast ist er "dahoam"

„Zum Ausrasten“ steht auf dem Bankerl, das Pfarrer Raimund Arnold 2014 von seinen Astern zum Eintritt in den Ruhestand bekam.
„Zum Ausrasten“ steht auf dem Bankerl, das Pfarrer Raimund Arnold 2014 von seinen Astern zum Eintritt in den Ruhestand bekam.

Der Schreibtisch im Aster Pfarrbüro sieht nach Arbeit aus, nach viel Arbeit: stapelweise Papier, Bücher, Schreibutensilien, Telefon, Fax, Kopierer. Daneben ein Aktenschrank – voll bis unter die Decke. Das ist also das Arbeitszimmer eines Mannes, der offiziell seit 2014 im Ruhestand ist. Pfarrer Raimund Arnold schmunzelt. Er sitzt gerade am Computer und druckt die Pfarrnachrichten aus. Vorabendmesse am Samstag, Eucharistiefeier am Sonntag und am 3. Juli Dankgottesdienst anlässlich des Geburtstags von Pfarrer Raimund Arnold ist darauf zu lesen.

Am morgigen Mittwoch wird der Aster Pfarrer 90. „Nix Besonderes“, sagt der Geistliche und winkt ab. „Da hab’ ich ja nichts dazu getan.“ Dass er seinen Geburtstag doch feiert, mache er vielmehr der Pfarrgemeinde zu liebe. „Es ist doch schön, wenn alle zusammenkommen.“

 

Seit 54 Jahren in Ast

 

Seit 64 Jahren ist Arnold Priester, 54 davon in Ast. Eine lange Zeit, in der er viel bewegt und markante Spuren hinterlassen hat. Engagement, das die Aster zu schätzen wissen: Sie widmeten ihrem Ortsgeistlichen einen eigenen Platz, den Pfarrer-Arnold-Platz.

 

So recht mag es Arnold gar nicht glauben, dass er morgen schon 90 Jahre alt wird, steckt er doch noch immer voller Tatendrang. Auch seine Krebs-OP im vergangenen Jahr war für den Geistlichen noch lange kein Grund, kürzer zu treten. Und so beginnt sein Alltag auch mit 90 Jahren um 6 Uhr morgens. Nach dem Frühstück widmet sich der Geistliche erst einmal der Zeitungslektüre, ehe er sich in sein Büro zurückzieht.

 

Auch wenn die Verwaltungsarbeit nun in Waldmünchen erledigt wird, gibt es immer etwas zu tun: Archivpflege zum Beispiel. Oder Gottesdienste vorbereiten. Die hält der „Herr Pfarrer“ meistens selbst. Denn die Hände in den Schoß legen, das ist nichts für den gebürtigen Weidener. „Solange mir der Herrgott die Kraft gibt, meinen Auftrag als Priester zu erfüllen, werde ich das tun.“ Und zwar in Ast, seiner ersten und einzigen Pfarrstelle.

 

Dass er nie woanders gewirkt habe, sei „absolut außergewöhnlich“. Normalerweise sollten katholische Priester nach zehn bis 13 Jahren ihre Pfarrei wechseln, erklärt er. Grundsätzlich hält er diese Regelung auch für gut. Ebenso die, dass man seine Pfarrei mit Eintritt in den Ruhestand verlassen sollte. Dass Arnold dennoch in Ast bleiben durfte, liege wohl an „einflussreichen Fürsprechern“, mutmaßt er. „Auch wenn mich manche gerne in der Wüste gesehen hätten.“ Arnold blieb in Ast. „Da bin i dahoam“, sagt er. Und hier will er – solange er kann – seinen Auftrag erfüllen: für die Menschen (rund 772 Gläubige) da sein und sie seelsorgerisch begleiten.

 

Sein großer Wunsch

 

In Ast hat Arnold Pfarrangehörige zum Teil ein ganzes Glaubensleben lang begleitet. Es entstanden persönliche Kontakte und Bindungen, die „wohl den einen oder anderen bei der Kirche halten“. Der Priester denkt die Konsequenzen nur an: „Kann schon sein, dass mit mir einige gehen“, mutmaßt er. Was den Trend, weg von der Kirche bestätigen würde. Dabei bemerkt Arnold auf der anderen Seite, dass die Menschen sehr wohl Halt und Orientierung suchen, auch wenn die Zahl der Kirchenbesucher immer weiter abnehme. In der Pfarrgemeinde gebe es einen Kern von rund 100 Leuten, auf die er sich verlassen könne. „Anders wäre vieles nicht möglich.“ Die Aster hätten gelernt, für ihre Gemeinde selbst verantwortlich zu sein.

 

Wenn Arnold – so wie in der vergangenen Woche – 90-Jährige beerdigen musste, komme unweigerlich der Gedanke an die eigene Vergänglichkeit. „Damit muss man sich auseinandersetzen.“

 

Seit dem Tod seiner Pfarrhaushälterin Berta Bürgmann lebt Arnold allein im Aster Pfarrhaus. Für den Fall, dass er stürzen sollte („der Gehapparat macht momentan nicht das, was ich will“) trägt der Geistliche neuerdings eine Hausnotruf-Uhr am Handgelenk. So kann er im Notfall schnell Hilfe anfordern. Dass einem mit 90 jederzeit etwas passieren könne, dessen ist sich Arnold bewusst. Er ist Realist. Deswegen hat er zu seinem Geburtstag auch nur einen Wunsch: Gesundheit. Immerhin will er heuer wieder nach Südtirol zum Wandern, zum 98. Mal. Denn der Geistliche hat sich vorgenommen: „Die 100 will ich noch vollmachen.“

 

Morgen Mittwoch findet um 19 Uhr eine Dankandacht in der Aster Pfarrkirche anlässlich des 90. Geburtstags von Pfarrer Arnold statt. Anschließend ist ein Stehempfang. 

Text und Foto: Bucher