Eine starke Frau, die Mut machen will

BR-Autorin Cornelia Benne mit Gertraud Maier.
BR-Autorin Cornelia Benne mit Gertraud Maier.

Gertraud Maier erzählt BR-Team, wie sie nach dem Tod ihres Mannes ins Leben zurückfand.

 

Plötzlich ist nichts mehr, wie es war. Für Gertraud Maier aus Untergrafenried ist 2004 eine Welt zusammengebrochen, als ihr Mann Siegfried starb. Erst fünf Jahre vor seinem Tod hatte er sich mit einem Mahl- und Mischdienst selbstständig gemacht. Sein Tod hat ihr den Boden unter den Füßen weggerissen, ihr Leben geriet von einer Sekunde auf die andere aus den Fugen. Mit 40 Jahren war sie plötzlich Witwe.

 

>> Zur Sendung "Unser Land - Grüner Teppich" vom 18.08.2017

 

 

Maier sitzt in ihrem Wohnzimmer auf der Couch, im Hintergrund ist das Ticken der Uhr zu hören. Maier hält kurz inne. Sie ist ein bisschen angespannt, als sie am Montagnachmittag BR-Autorin Cornelia Benne von der Trauer, der Leere und der Existenzangst nach dem Tod ihres Mannes erzählt. Das Kamerateam, das sie gerade filmt, hat sie fast vergessen. Auch an das Mikrofon, mit dem sie sich nur schwer anfreunden konnte, denkt sie gerade nicht mehr. Sie kann über diesen Schicksalsschlag sprechen. Von Anfang an hatte sie das Bedürfnis, ihr Schicksal mit anderen zu teilen.

Halt und Hilfe hatte Maier damals beim Trauerkreis der Landfrauen gefunden. Die Gruppe gab ihr Halt.

Noch heute besucht sie die Treffen regelmäßig. Weil sie anderen helfen und ihnen Mut machen will. BR-Autorin Benne ist beeindruckt, wie Maier ihr Schicksal gemeistert hat. „Sie ist eine starke Frau, eine echte Mutmacherin.“

Kennengelernt hat Maier die Autorin vor zwei Jahren, als Benne einen Beitrag über den Trauerkreis drehte. „Sie hat mich beeindruckt“, erinnert sich Benne. Jetzt arbeitet die Autorin an einem neuen Projekt: „Rendevouz auf dem grünen Teppich“ heißt die Sendung, die einmal im Monat bei „Unser Land“ im BR läuft und besondere Menschen porträtiert.

Immer mit dabei – ein grüner Teppich. „Das ist der Wiedererkennungswert“, sagt Benne.

 

Mutmacherin

Gertraud Maier ist für sie so ein besonderer Mensch. Nach dem Tod ihres Mannes hatte sie die Wahl: aufhören oder weitermachen. Die zweifache Mutter entschied sich für’s Weitermachen. Heute steht Maier wieder mit beiden Beinen im Leben, ist in der Pfarrgemeinde aktiv und hat sich mit ihrem Mahl- und Mischdienst etabliert. Deshalb ist Benne am Montag mit Kameramann Jürgen Katzer, Tontechniker Thomas Schleider und Bernhard Sonner ins beschauliche Untergrafenried gekommen, um einen Beitrag über die 53-jährige zweifache Mutter zu drehen. Über ihre Arbeit, ihr ehrenamtliches Engagement und eben die Trauergruppe. Kurz vor Ostern hat Benne bei Maier angefragt. Die erste Reaktion der 53-Jährigen: „Oh Gott, wie kommen die auf mich?“ Maier bat um Bedenkzeit. Schließlich sagt sie zu. Weil sie anderen Mut machen will, dass es nach so einem Schicksalsschlag weitergeht. Dank des großen Rückhalts in der Familie hat sie es geschafft, den Mahl- und Mischbetrieb ihres Mannes fortzuführen.

Erst im vergangenen Jahr investierte Maier in einen neuen Lkw, ihr ganzer Stolz. Als das Kamerateam am Montagmorgen in Untergrafenried eintrifft, steht das rote Mahl- und Mischfahrzeug in der Garage. Tochter Silvia (25) ist extra um 5.30 Uhr aufgestanden, um den Truck auf Hochglanz zu polieren. Ein kleines Detail, das Kameramann Jürgen Katzer sofort auffällt. „Mei, bin i nervös“, sagt Maier, als die erste Klappe fällt. Sie soll in der ersten Szene den Tank des Lkws befüllen. Drei Wiederholungen später ist alles im Kasten und Maiers Aufregung legt sich zusehends.

 

Drehtag eins

Jetzt kommt ihr Schwager Manfred hinzu. Mit ihm „bespricht“ Maier den Tagesablauf. Möglichst echt soll es wirken, wünscht sich Katzer. Tut es auch. „Super“, lobt er. Nach ein paar Nahaufnahmen vom Lkw steht die Teambesprechung

im heimischen Esszimmer auf dem Drehplan. Dazu ist Maiers ganzes Team zusammengekommen – immerhin vier Mitarbeiter – inklusive ihrem Vater Josef Stautner. Auch Tochter Silvia arbeitet ihm Betrieb mit. Sie ist gelernte Bürokauffrau und kümmert sich zusammen mit ihrer Mutter um den „Schreibkram“. Etwas anderes wollte die 25-Jährige auch nie machen. „Für mich stand schon früh fest, dass ich zu Hause mitarbeite“, erzählt sie. Ihre 19-jährige Schwester Maria macht eine Ausbildung im Modehaus Frey in Cham. Für sie ist die Arbeit im Mahl- und Mischunternehmen nie zur Debatte gestanden. „Das ist nix für mich.“ Nach der Teambesprechung startet Manfred Maier den Lkw, Gertraud Maier nimmt auf dem Beifahrersitz Platz, normalerweise ist der Schreibtisch ihr Arbeitsplatz.

„Aber fürs Fernsehen...“, sagt sie mit einem Schmunzeln. Es geht nach Döfering zum Betrieb von Josef Bösl. Alle drei Wochen fährt der Mahl- und Mischdienst den Hof an. Etwa 300 Rinder – 150 Milchkühe plus die weibliche Nachzucht – stehen im modernen Stall. Gemeinsam mit seinen Eltern bewirtschaftet der 25-jährige Landwirtschaftsmeister Josef den reinen Milchviehbetrieb. Nach einer kurzen Einweisung durch das Kamerateam beginnt Manfred Maier mit seiner Arbeit. Sechs Tonnen Getreide – eine Mischung aus Gerste, Weizen, Körnermais und Zuckerrübenschnitzel – werden angesaugt und in den Mischer gepumpt. „Es ist laut und auch ein bisschen staubig“, hat Maier die Fernsehleute vorgewarnt. Etwa eine dreiviertel Stunde dauert der Vorgang, dann ist die Futtermischung fertig und kann in die Silos

gepumpt werden. Alles läuft ganz nach Vorstellung des Filmteams. Am Nachmittag wird wieder bei Maier zu Hause gedreht. Im Interview geht es um ihr Leben, ihre Familie und Schwierigkeiten, mit denen man als Frau in einer von Männern dominierten Arbeitswelt zu kämpfen hat.

 

Besuch am Grab

Den Abschluss bildet ein Besuch bei Nachbarin Elisabeth Ruhland, die ebenso wie die 53-Jährige zur Trauergruppe geht. Gekommen sind auch Barbara Kreuzer, die diesen Gesprächskreis mit aufgebaut hat, die ehemalige Kreisbäuerin Johanna Fischer, Barbara Vogl vom BBV und Lydia Friedl. Es ist ein gemütlicher Abschluss eines aufregenden ersten Drehtags.

An Tag zwei geht es nach Cham ins Kaufhaus Frey, wo Tochter Maria arbeitet. Außerdem steht ein Besuch am Grab von Maiers Mann auf dem Drehplan. Und auch ein Treffen mit dem Team des Meditationswegs ist geplant, ehe es am Abend in die Klostermühle nach Altenmarkt geht.

 

Info

Ein genauer Sendetermin steht noch nicht fest, „vermutlich im Herbst“, informiert Autorin Benne. 

 

Text und Fotos: Bucher